Kennzeichen von ambulant betreuten Wohngemeinschaften:
− Empfohlene acht bis zwölf Menschen leben gemeinschaftlich als Mieter
in einer großen Wohnung, in der es Individualzimmer und
gemeinschaftlich genutzte Räumlichkeiten gibt.
− Jeder schließt, ggf. vertreten durch Angehörige oder gesetzliche
Betreuer, einen Einzelmietvertrag ab.
− Die Wohnung ist mit dem vertrauten Mobiliar der Mieter ausgestattet.
− Im Mittelpunkt des WG-Lebens steht die gemeinsame Alltagsgestaltung.
− Die Mieter können bis an ihr Lebensende in der WG wohnen.
− Die Verantwortung für die Wohngemeinschaft bleibt in der Hand der
Mieter bzw. ihrer Vertreter.
− Die Mieter bzw. ihre Vertreter wählen gemeinsam einen oder
mehrere (Pflege)Dienste aus . Dieser/diese übernehmen die (24-
stündige) Pflege und Betreuung der Gruppe.
Hinweis: Leistungen sollen frei wählbar sein und können auch an
verschiedene Dienstleister vergeben werden.
− Die Mieter bzw. ihre Vertreter haben vielfältige Einflussmöglichkeiten.
Sie suchen neue Mitbewohner aus, sie richten die Wohnung ein und
können das Alltagsleben mitgestalten.
− Der beauftragte (Pflege)Dienst ist „Gast“ in der WG und kann auch
wieder gekündigt werden.
− Verträge über Vermietung und Pflege/Betreuung sind voneinander
getrennt.
Für wen ist eine Wohngemeinschaft geeignet?
Eine Wohngemeinschaft eignet sich vor allem für Menschen, die gerne in Gesellschaft leben. Darüber hinaus ist von Vorteil, wenn die Mieter beim Einzug noch so mobil sind, dass sie am Leben in der Gruppe teilnehmen können. Wenn möglich sollten die Mieter aus der näheren Umgebung kommen, um weiterhin in ihrem vertrauten Umfeld wohnen zu können. Die Aufnahme von Menschen mit Demenz, die z.B. einen ausgeprägten Bewegungsdrang und schwere Verhaltensstörungen haben, ist nicht problemlos und hängt von den individuellen Bedingungen der Wohngemeinschaft ab.
Angehörige bzw. Betreuer
Eine ambulant betreute Wohngemeinschaft ist eine sinnvolle Alternative
für Angehörige, die Entlastung suchen, aber weiterhin Einfluss nehmen wollen. Sie sollten in räumlicher Nähe zur Wohngemeinschaft wohnen und gerne mit anderen Menschen zusammenarbeiten. Angehörige sollten bedenken, dass sie eine Bevollmächtigung benötigen oder vom Amtsgericht zum Betreuer bestellt sein müssen, um eine wirkungsvolle Vertretung wahrnehmen zu können.
Gremium der Selbstbestimmung im Mietverhältnis
"... Zwingende Voraussetzung für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts und der Interessensvertretung
gemeinsamer Belange – unter Wahrung individueller
Interessen – ist der formelle Zusammenschluss
zu einem Gremium (Gremium der Selbstbestimmung,
bisher: „Angehörigengremium“). In dem konstituierten
Gremium der Selbstbestimmung ist jede Mieterin und
jeder Mieter stimmberechtigt vertreten. Für Mieterinnen
und Mieter, die ihre Angelegenheiten nicht mehr
selbstständig entscheiden können, handeln in diesem
Gremium deren gesetzliche Betreuerinnen und Betreuer oder
die Angehörigen....Das Gremium entscheidet über alle Angelegenheiten, die das Gemeinschaftsleben betreffen. Für das Gremium wird eine Stimmberechtigte oder ein Stimmberechtigter zur Sprecherin oder zum Sprecher namentlich bestimmt. Das Gremium trifft hinsichtlich seiner Struktur und Aufgabenstellung in schriftlicher Form, wie z. B. einer Satzung, klare und eindeutige Vereinbarungen, in denen
die Häufigkeit verbindlicher Treffen (ca. alle 6 – 8 Wochen),
die verpflichtende regelmäßige Teilnahme, die Klärung über Stimmrecht (jedes Mitglied hat eine Stimme), die Aufgabenbereiche, für die Entscheidungen getroffen werden müssen (z. B. Auswahl des Pflegedienstes, Hausordnung, Auswahl neuer WG-Mitglieder etc.),
die Aufgabenverteilung (Mitarbeit in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft als konzeptioneller Bestandteil),
¨ wer diese Entscheidungen trifft" (ausschließlich die
Mitglieder der Wohngemeinschaft),die Verfahren, wie bei Entscheidungen abgestimmt wird (z. B. Einstimmigkeit oder Mehrheitsentscheidungen),
die Verbindlichkeit der Beschlüsse, die ganz oder teilweise Teilnahme von Vertreterinnen und Vertreter von Dienstleistungsanbietern (Pflege- und Betreuungsdienste, Vermieter) an einzelnen Sitzungen – falls das Gremium die Teilnahme erlaubt, haben die Vermieter oder Pflege- / Betreuungsdienste allenfalls eine beratende Funktion,
jedoch kein Stimmrecht – und die Wahl einer Sprecherin oder eines Sprechers zur Außenvertretung niedergelegt sind.
Das Gremium muss sich entsprechend dem Bedarf regelmäßig treffen und auch so flexibel sein, um bei besonderen Vorkommnissen (Entscheidung über neue Bewohnerinnen und Bewohner) kurzfristig zusammenzukommen oder eine Vereinbarung treffen, wie auf anderem
(z. B. elektronischem) Wege kurzfristige Entscheidungen möglich sind.
Quelle und Zitat: "Selbstbestimmt leben in ambulant betreuten Wohngemeinschaften –Informationen, rechtlicheFragen und Verträge", Broschüre des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, aktualisiert durch StMAS im September 2012
Ambulanter Pflegedienst
Pflegedienste, die für eine ambulant betreute Wohngemeinschaft tätig werden möchten, sollten in der Lage sein, eine 24-stündige Betreuung sicherzustellen und ein festes Team einzusetzen. Je nach Auftrag übernimmt ein Pflegedienst (oder mehrere Pflegedienste) die Pflege, Alltagsgestaltung und die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten in der Wohngemeinschaft. Die unterschiedlichen Dienste können bei Bedarf auch über verschiedene Dienstleister realisiert werden. Alle Mitarbeiter müssen im Umgang mit dem
jeweiligen Klientel einer Wohngemeinschaft geschult und erfahren sein. Zudem sollten sie bereit sein, mit den Angehörigen partnerschaftlich zusammen zu arbeiten.
Vermieter
Ein Vermieter sollte mit den Besonderheiten der Organisationsform und des Konzeptes einer ambulant betreuten Seniorenwohngemeinschaft vertraut sein. Der Vermieter sollte außerdem bereit sein, die Nachbesetzung frei werdender Zimmer in Zusammenarbeit mit den übrigen Mietern und deren Vertretern zu regeln. Zur Vertragsunterzeichnung werden bewährte Formulare verwendet, in die die besonderen Regelungen zur Zusammenarbeit aufgenommen werden.
Trennung von Vermietung und Pflege
Mietvertrag und Pflege-/Betreuungsverträge müssen unabhängig voneinander geschlossen werden. Es muss sichergestellt sein, dass die Wahlfreiheit der Mieter hinsichtlich der Auswahl Hauswirtschaft, Pflege und sonstiger Dienste gesichert ist.
Die Gruppe der Mieter und ihrer Angehörigen sollte zusammenarbeiten, über ihre Rechte Bescheid wissen.
FQA (Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen) und Wahlfreiheit
Zur Prüfung, ob die Anforderungen an eine ambulante Wohngemeinschaft erfüllt sind, sieht sich die FQA in der Regel die Miet- und Dienstleistungsverträge an und achtet darauf, dass diese im Sinne der Wahlfreiheit unabhängig voneinander geschlossen werden können.
Die FQA prüft, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden, insbesondere auch, ob die Selbstbestimmung in der Wohngemeinschaft auch tatsächlich wahrgenommen/gelebt wird.